Know-How
Wissenswertes von Analemma bis
Zonenzeit
Lerne die faszinierende Analemma-Figur und ihre Entstehung kennen.
Verstehe die Unterschiede von getakteten Uhren und Sonnenuhren aufgrund der Umlaufbah der Erde um die Sonne
Analemma, Äquationskurve, Zeitgleichung
Die Erde dreht sich sehr konstant um die eigene Achse, jedoch nicht völlig gleichförmig auf ihrer Bahn um die Sonne. Aufgrund der Neigung der Erdachse und der elliptischen Umlaufbahn gibt es schnellere und langsamere Phasen. Das führt zu Schwankungen der Tageslänge.
Seit der Antike haben astronomisch interessierte Menschen das Phänomen beobachtet und dokumentiert. Heute besteht eine präzise Berechnungsformel dafür. Die so ermittelte Kurve zeigt die Abweichung zur mittleren (durchschnittlichen) Tageslänge von 24 Stunden für jeden Tag im Jahr. Dargestellt als Analemma, Äquationskurve (Equation of Time, l’équation du temps) oder Zeitgleichung.
Die Funktion kann auf verschiedene Arten dargestellt – oder direkt am Himmel fotografiert werden
Chronobiologie
Zeit ist für Menschen nicht sinnlich spürbar wie beispielsweise die Gravitation. Wir leben in der Gegenwart und erfahren nur anhand von erlebten oder beobachteten Veränderungen, wie die Zeit verstreicht.
Menschen haben wie die meisten Lebewesen eine innere biologische Tagesuhr, die circadiane Uhr. Nachts programmiert sie den Organismus auf Schlaf, tagsüber sorgt sie für stabiles Wachsein. Die innere Uhr bewirkt mittels Herzschlag, Atemrhythmus, Schlafrhythmus sowie hormonellen Steuerungen wie Hungergefühl oder Menstruationszyklus eine körperliche Zeiterfahrungen. Die circadiane Uhr ist genetisch gesteuert, von Mensch zu Mensch daher leicht verschieden, ihr wichtigstes Signal für die Synchronisation mit der Umwelt ist Licht. Das Licht der Sonne bildet den elementaren Rhythmus, nach dem wir unseren Biorhythmus synchronisieren. Sonnenaufgang, Sonnenhöchststand, Sonnenuntergang und Nacht prägen deshalb seit Geburt unser Zeiterleben.
Mittlere Zeit (Mean Time)
Die Tageslänge der Erde verändert sich im Jahresverlauf (siehe: Analemma, Äquiationskurve, Zeitgleichung, Equation of Time).
Für mittlere Zeit wird zur Zeitberechnung eine durchschnittliche Tageslänge während einem Jahr angenommen. So entsteht ein konstanter Tag von 24 Stunden.
Mechanisch und elektronisch getaktete Uhren zeigen mittlere Zeit in einer bestimmten Zeitzone an.
Eine Sonnenuhr zeigt hingegen den auf der Erde sichtbaren Sonnenlauf im Jahresverlauf präzise an (siehe Wahre Ortszeit).
Wahre Ortszeit (WOZ)
Seit Jahrhunderten versucht die Menschheit, die letztlich unergründliche Zeit mittels Uhrwerken zu fassen. Mit viel Phantasie wurden Sanduhren, Wasseruhren, Pendeluhren, Räderuhren, Quarzuhren, Atomuhren usw. entwickelt.
Alle diese Uhrkonstruktionen können die Tageszeit in Stunden, Minuten, Sekunden, Zehntelssekunden usw. sehr genau abbilden – und trotzdem müssen sie alle periodisch neu eingestellt werden – weshalb? Weil jede geradlinig ablaufende Zeitunterteilung nie präzise mit dem Jahreszyklus der Erde übereinstimmt! Ein regelmässiger Abgleich mit dem konkreten Erdentag ist notwendig.
Einzig die Sonnenuhren verwenden die Erdrotation selber als «Antrieb», sie zeigen die effektive Bewegung der Erde auf ihrer Bahn um die Sonne. Jede Sonnenuhr zeigt diese Bewegung als Wanderung eines Schattens oder eines Lichtstrahls auf dem Zifferblatt – so kann Wahre Ortszeit abgelesen werden. Die Bezeichnung Wahre Ortszeit beschreibt die Tatsache, dass die Zeitangabe mit dem sichtbaren Sonnenlauf am Standort der Uhr übereinstimmt, so dass der Höchststand der Sonne auf 12 Uhr Mittags fällt und genau im Süden liegt. Wahre Ortszeit entspricht nicht der Zeitangabe auf mechanischen oder elektronischen Uhren, weil diese eine konstruierte Zeit anzeigen (siehe Zonenzeit/bürgerliche Zeit und Mittlere Zeit).
Zonenzeit, bürgerliche Zeit, offizielle Zeit, gesetzliche Zeit
Die Erde dreht sich pro Stunde um einen Winkel von 15°, dies ist die Basis zur Unterteilung der Erde in 24 Stundenabschnitte.
Ende des 19. Jahrhunderts entstand die internationale Einführung der Zeitzonen. Seither gibt es in jedem Land eine gesetzliche Zeit. Innerhalb der Zeitzone gibt es zudem den Unterschied von Sommerzeit und Winterzeit. Diese Zeit finden wir auf unseren elektronisch gesteuerten Uhren, sie wird auch bürgerliche Zeit, offizielle Zeit, amtliche Uhrzeit oder Normalzeit genannt.
Die gesellschaftliche Übereinkunft, innerhalb einer Zeitzone für alle Menschen dieselbe Zeiteinteilung zu verwenden, ist enorm nützlich, so haben wir innerhalb Mitteleuropa alle dieselbe Uhrzeit.
Hingegen zeigen Sonnenuhren mit «Wahrer Ortszeit» innerhalb von Europa bis zu zwei Stunden abweichende Zeiten an. So viel Zeit verstreicht beispielsweise vom östlichen Warschau in Polen bis zum westlichen Sevilla in Spanien für denselben Sonnenstand (siehe untenstehende Tabelle Ortszeitdifferenz in Europa).
Zeitzone und Ortszeitdifferenz
Die geografischen und politischen Grenzen eines Landes und die Gesetze bestimmen die gültige Zonenzeit an deinem Standort. Da sich dein Standort mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht genau auf dem Meridian befindet, der für die gesetzliche Zeit in deinem Land gilt, musst du eine Differenz von 4 Minuten pro Längengrad berücksichtigen, wenn du den effektiven Sonnenlauf an deinem Standort kennen willst, beispielsweise den Zeitpunkt des Sonnenhöchststands. Man nennt dies Ortszeitdifferenz (siehe unten, Ortszeitdifferenz Hauptstädte mit MEZ).
Die Ortszeitdifferenz benötigst du, wenn du mit der Zeitangabe einer Sonnenuhr die «Wahre Ortszeit» in gesetzliche Zonenzeit umrechnen willst. Nimm zur genauen Berechnung die Differenz vom Längengrad deines Standorts zum Längengrad der Zeitzone und multipliziere das Ergebnis mit 4 Minuten pro Grad.
Ortszeitdifferenz in Europa
Auf folgender Tabelle sind die Abweichungen der Ortszeitdifferenz der Hauptstädte der Länder Europas mit mitteleuropäischer Zeit (MEZ) angegeben. MEZ ist am 15° Längengrad (Meridian) ausgerichtet:
Land | Hauptstadt | Breitengrad | Längengrad | Ortszeitdifferenz |
Albanien | Tirana | 41.3 | 19.8 | -19.2 Min |
Andorra | Andorra la Vella | 42.5 | 1.5 | +54 Min |
Austria/Österreich | Wien | 48.2 | 16.4 | -5.6 Min |
Belgien | Brüssel | 50.9 | 4.4 | +42.4 Min |
Bosnien-Herzegowina | Sarajevo | 43.9 | 18.4 | -13.6 Min |
Dänemark | Kopenhagen | 55.7 | 12.6 | +9.6 Min |
Deutschland | Berlin | 52.5 | 13.4 | +6.4 Min |
Frankreich | Paris | 48.9 | 2.6 | +49.6 Min |
Italien | Rom | 41.9 | 12.5 | +10 Min |
Kosovo | Pristina | 42.7 | 21.2 | -24.8 Min |
Kroatien | Zagreb | 45.8 | 16.0 | -4 Min |
Liechtenstein | Vaduz | 47.1 | 9.5 | +22 Min |
Luxemburg | Luxemburg | 49.8 | 6.1 | +35.6 Min |
Malta | Valetta | 35.9 | 14.5 | +2 Min |
Mazedonien | Skopje | 42.0 | 21.4 | -25.6 Min |
Monaco | Monaco | 43.7 | 7.4 | +30.4 Min |
Montenegro | Podgorica | 42.4 | 19.2 | -4.8 Min |
Niederlande | Amsterdam | 52.4 | 4.9 | +40.4 Min |
Norwegen | Oslo | 59.9 | 10.8 | +16.8 Min |
Polen | Warschau | 52.2 | 21.0 | -24 Min |
San Marino | San Marino | 43.9 | 12.5 | +10 Min |
Schweden | Stockholm | 59.3 | 18.0 | -12 Min |
Schweiz | Bern | 46.9 | 7.4 | +30.4 Min |
Serbien | Belgrad | 44.8 | 20.4 | -21.6 Min |
Slowakien | Bratislava | 48.1 | 17.1 | -8.4 Min |
Slowenien | Ljubljana | 46.1 | 14.5 | +2 Min |
Spanien | Madrid | 40.4 | -3.7 | +74.8 Min |
Tschechien | Prag | 50.1 | 14.4 | +2.4 Min |
Ungarn | Budapest | 47.5 | 19.0 | -16 Min |
Unterschiede von Wahrer Ortszeit gegenüber gesetzlicher Zeit auf einen Blick
| Wahre Ortszeit WOZ | Gesetzliche Zeit Zonenzeit, bürgerliche Zeit, offizielle Zeit, amtliche Uhrzeit, Normalzeit |
1. | Die Zeit am Standort des Betrachters wird erfasst (die Sonne steht um 12 Uhr Mittag im Süden) | Die Zeit orientiert sich am Längengrad einer Zeitzone (z.B. Mitteleuropäische Zeit MEZ am 15° Längengrad Ost) |
2. | Keine Sommerzeit-/Winterzeitkorrektur | Wechsel zwischen Sommerzeit und Winterzeit |
3. | Die Schwankungen der Tageslänge werden gemessen | Die durchschnittliche Dauer eines Tages wird über ein Jahr gemittelt (Mean Time) |
Beispiel Sonnenstand und Uhrzeit in Zürich
Am 1. Juli zeigt deine elektronische Uhr in Zürich eine um 90 Minuten abweichende Zeit bezüglich dem Sonnenstand. Wie kommt es dazu?
1. | Die Ortszeitdifferenz aufgrund des Längengrades von Zürich gegenüber der Mitteleuropäischen Zeit (MEZ) beträgt +26 Minuten. |
2. | Die Korrektur der Sommerzeit beträgt +60 Minuten (MESZ) |
3. | Die Abweichung von schwankender Tageslänge zu durchschnittlicher Tageslänge beträgt am 1. Juli +4 Minuten (Analemma/Zeitgleichung). |
Navigieren in Raum und Zeit
Wenn du auf die Handy-Uhrzeit oder die Armbanduhr schaust, um zu erfahren wie spät es ist, gehst du davon aus, dass es dafür «Zeitmessgeräte» gibt. Aber Zeit kann man nicht messen! Weder mechanische Uhren noch Quarz- oder Atomuhren können Zeit messen. Alle als «Zeitmesser» bezeichneten Geräte und Uhren können lediglich Bewegungsabläufe in Abschnitte gliedern. Als Basis dienen präzise Taktgeber (Pendel oder Unruhe bei mechanischen Uhren, Quarzfrequenz bei elektrischen Uhren, Schwingungsresonanz im Caesium-Atom bei Atomuhren). Die regelmässigen Taktimpulse werden sozusagen «abgezählt» und mittels verschiedener Techniken in Sekunden, Minuten, Stunden und Tage unterteilt, so dass nützliche Zeitangaben auf Zifferblättern oder Displays abgelesen werden können.
Auch eine Sonnenuhr misst keine Zeit. Die Sonnenuhr ist jedoch wirklich ein Messgerät. Gemessen wird der Winkel des Lichteinfalls der Sonne auf die Erde. Die Erde selbst ist die eigentliche Sonnenuhr, da sich der Einfallswinkel des Sonnenlichts durch die Bewegung der Erde verändert. Aus dem Winkelmessgerät wird ein «Zeitnavigationsgerät», indem die Sonne einen Schatten oder einen Lichtpunkt auf ein Zifferblatt wirft.
Es gibt zwei Prinzipen der Winkelmessung bei Sonnenuhren: Entweder misst du die Bewegung des sichtbaren Sonnenlaufs von Osten nach Westen oder du misst den Winkel zwischen dem Erdhorizont zur Sonne, also den Höhenstand (Deklination) der Sonne. Der tägliche Höchststand der Sonne steht genau im Süden.
Unterwegs mit dem Raumschiff Erde
Eine Sonnenuhr dokumentiert unser Zeiterleben auf der Erde als kosmisches Ereignis.